Die beste Art Rad zu fahren – CandyBGraveller

von Karl-Franz K.

Nachdem ich beim CandyBGraveller 2017 die Teilnehmer auf der Mainbrücke mit Bananen versorgen durfte, musste ich 2018 unbedingt selbst als Fahrer dabei sein. Ich kaufte mir Ende 2017 ein geeignetes Gravelrad von Pure Bros und begann meinen Arbeitsweg von 50 km regelmäßig mit dem Rad zurück zu legen. Ab und zu versuchte ich noch etwas längere Strecken zu absolvieren (es blieb jedoch meist bei dem Versuch). So kam ich bis Anfang April auf ca. 1500 gefahrene Kilometer und hatte damit meine Jahreskilometerleistung von 2017 schon erreicht.

Am 12. April ging es endlich los. Die Atmosphäre am Treffpunkt Terminal 4 und am Luftbrückendenkmal war unbeschreiblich. Der Spirit, der auf dieser Tour lag, ergriff mich von der ersten Minute an und ich genoss die Fahrt über Darmstadt in Richtung Mainbrücke. Dort erwartete mich und alle anderen Candy Fahrerinnen/Fahrer meine Familie und versorgte uns mit Bananen und Gummitieren. Ein stolzer Vater genoss die erste Pause und ich fuhr danach frohen Mutes durch die Heimat in Richtung Kinzigtal. Nachdem ich die 100 km Tagesleistung das erste Mal seit 8 Jahren wieder überschritten hatte, ging es bis nach Steinau wo dann nach einem weiteren Anstieg mein Akku leer war und ich gegen 18:00 Uhr eine längere Pause an einer Schutzhütte einlegen musste. Danach ging es zäh weiter und nachdem dunkle Wolken und ein Gewitter aufzogen und ich körperlich am Ende war, ging es spontan in den nächsten Gasthof in Neuhof.

Bachdurchfahrt irgendwo in der Rhön

Nach dem Frühstück ging es um 7:00 Uhr wieder auf die Strecke. Um 7:30 Uhr war ich bereits klatschnass und mein Navigationsgerät funktionierte nicht mehr richtig, sodass sich die Einfahrt nach Fulda etwas schwierig gestaltete. Nach Fulda ging es durch die Rhön und ich genoss trotz Regen die Fahrt über die ehemalige Zonengrenze zum Point Alpha. Dort gab es erstmal Gulaschsuppe und Kuchen mit Kaffee satt. Danach ging es weiter Richtung Thüringer Wald. Nachdem ich Candy Pilot #58 Ralf, mit dem ich bereits am Vortag einige Kilometer gemeinsam auf der Strecke war, wieder getroffen hatte, ging es bei widrigsten Wetterbedingungen irgendwie bis in den Nationalpark Hainich, der die letzten Körner kostete. Die Hainichbaude empfing nach und nach einen ganzen Haufen Candy Piloten. Bei Fettbemme und Suppe kam etwas Energie zurück, was aber gerade noch bis in die Ferienwohnung der Hüttenwirtin reichte. So sollte auch die zweite Übernachtung unplanmäßig indoor erfolgen.

Am nächsten Morgen hieß das erste Ziel Bad Langensalza und beim ersten Bäcker traf man wieder die üblichen Verdächtigen. Es galt Kilometer zu machen, was teilweise ganz gut gelang, aber auch stellenweise aufgrund der Wassermengen vom Vortag zu Schiebepassagen durch Schlammwege jäh unterbrochen wurde. Im Laufe des Tages musste ich mich von meinem Begleiter Ralf trennen, nachdem ihm der Reifen geplatzt war. Bei nun strahlendem Sonnenschein ging es ziemlich demotiviert weiter durch Sachsen Anhalt. Es kam mir irgendwie vor, als würde ich durch Mordor fahren und so fuhr ich stundenlang, durch Höhen und Tiefen der Elbe entgegen. Im vollkommenen Niemandsland kam von hinten völlig unverhofft Ralf angeprescht. Er hatte sich einen neuen Reifen organisieren können und flog förmlich über die Piste, sodass ich auch nur kurz seinem Tempo folgen konnte und ihn vor Köthen ziehen ließ. In Köthen ging es zum erstbesten Döner im Ort, der dann mit Kräuterlikör zusammen mit dem Imbissältesten runter gespült wurde. So gestärkt ging es weiter bis über die Elbe, wo ich mir ein ruhiges Schlafplätzchen suchen wollte. Leider fand ich in der Dunkelheit nicht die gewünschte Schutzhütte und so schlug ich auf dem Dorfplatz von Düben auf einer Freiluftkegelbahn mein Nachtlager auf. Trotz 215 km im Sattel kam mein Körper und Geist nicht zu Ruhe und ich dämmerte die vorgesehenen 5 Stunden vor mich hin, um gegen 4 Uhr in der Früh die letzte Etappe nach Berlin zu starten.

Kopfsteinpflaster im Osten
Kopfsteinpflaster im Osten

Es ging erstmal durch den dunklen, neblig-kalten und von Harvesterspuren durchpflügten Naturpark Fläming. Erst nach einem ausgiebigen Stopp an der ersten Tankstelle in Bad Belzig lief es langsam ein wenig besser und nachdem sich dann endlich die Sonne durch den Nebel gekämpft hatte, kam auch bei mir die Energie zurück, um die letzten Kilometer in Angriff zu nehmen. Die von mir gefürchteten Sandwege vor Berlin ließen sich aufgrund der vorangegangenen Niederschläge recht gut fahren. Am Wannsee nahm ich ein erfrischendes Bad, um dann frisch und sauber in die Hauptstadt zu radeln.

Nachdem mich der Grunewald ausgespuckt hatte, kam von hinten Ralf angefahren und die Freude war riesig, mit ihm zusammen die letzten Meter fahren zu können nachdem wir uns bei etwa km 20 kennengelernt und danach mehrere Kurbelumdrehungen gemeinsam gedreht hatten. Die Einfahrt zum Tempelhof erforderte nochmal eine ganz andere Aufmerksamkeit, als die Tage zu vor. Es war Sonntagmittag und ganz Berlin war auf den Beinen, um das schöne Wetter zu genießen. So musste ständig um Fahrzeug, Mensch und Tier herumgekurvt werden, bis endlich das Ziel nach 640 km am Luftbrückendenkmal erreicht war und das Carepaket am Stand der Arche im Tempelhof abgeworfen werden konnte.

Der CandyBGraveller hat gehalten, was ich von Ihm erhofft hatte. Ich traf positiv verrückte Radfahrerinnen und Radfahrer, es ging durch herrliche Landschaften, die unbedingt weiter erkundet werden wollen. Der Horizont wurde erweitert und die eigenen Grenzen auf dem Rad wurden um einiges verrückt. Schön ist auch, dass einige Kinder in Berlin durch die Carepakete von der ganzen Sache profitieren und dass der Gedanke der Luftbrücke weiter in den Köpfen der Menschen bleibt. Richtig froh bin ich über die Tatsache, dass meine Kinder sich mit diesem Thema beschäftigt haben und auch in Kindergarten und Schule darüber erzählen. Mein Sohn (5 Jahre) möchte „wenn er groß ist“, mit mir zusammen den CandyBGraveller fahren. So wird der Gedanke an die Luftbrücke zumindest für einen Teil der kommenden Generationen nicht in Vergessenheit geraten.

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